Fatz Murdock

Long time no see…

Die Tage werden kürzer, es brennt schon bald die dritte Kerze am Adventskranz und die letzten Gigs des Jahres sind vollbracht. Jetzt ist es Zeit, sich zurückzulehnen und das Jahr in Ruhe zu reflektieren. Eine Sache ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Es war nach einem Auftritt, wir mischten uns gerade unters Volk, als ein Herr auf mich zuging, weil er etwas auf dem Herzen hatte. Er stellte sich vor mich hin und meinte nur, dass dieser „Rockabilly“ gar nicht seine Musik ist. Er wiederholte sich sogar noch, dass es überhaupt nicht sein Ding ist.
Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Ich wusste nicht, wie ich da jetzt reagieren sollte. In Bruchteilen von Sekunden ging ich den Abend nochmal im Kopf durch und ich konnte beim besten Willen keine gravierenden Mängel an unserer Darbietung erkennen. Dann wollte ich schon sagen: „Wenn Ihnen das nicht gefällt, warum gehen Sie dann auf ein Konzert, bei dem eine Rockabilly Band spielt?“ Ich konnte die Frage aber nicht stellen, weil der Herr gleich ergänzte, dass ihm aber das, was wir da gemacht haben, sehr gut gefallen hätte und wir sollten doch so weiter machen. Es hat ein wenig gedauert, bis ich das gesprochene inhaltlich auf die Reihe gebracht habe, aber ich denke, es hat ihm gefallen, obwohl er diese Musik überhaupt nicht mag.
Wenn ich jetzt versuche, das vergangene Jahr chronologisch in die richtige Reihenfolge zu bringen hatten wir unseren ersten Gig in einem Rock- bzw. Metal-Schuppen. Da sind wir mit großen Augen eingetreten und haben uns gefragt, ob wir hier wirklich richtig sind. Die Haare waren eher länger und nicht mit Pomade nach hinten gekämmt. „Sind wir hier schon richtig? Wir sind die Band für heut Abend!“ Aber alles war gut. Der Ort stimmte und die Band war auch gebucht. Erst mal fragten wir uns, ob wir wohl die Erwartungen des Publikums erfüllen könnten, aber nach dem Soundcheck hatten wir ein gutes Gefühl – lauter nette Leute, die einfach nur Musik lieben. Für die Tatsache, dass Fatz Murdock eigentlich ziemlich unbekannt ist, füllte sich das Lokal stetig und als wir um 9 Uhr loslegen wollten, pfiff man uns zurück, wir sollten noch 20 Minuten warten. Das ist auf Konzerten so! Okay, dann warten wir noch. Der Laden war wirklich brechend voll und auch das Publikum war von Anfang an bei uns. Ich muss sagen, da kam ein bisschen „Rockstar Feeling“ auf.
Gefühlt, einer von den „Großen“ zu sein macht Laune.
Die nächsten zwei Gigs, waren wir das Vorprogramm für eine befreundete Combo aus dem Nürnberger Raum. Dabei verabschiedete sich mein Mischpult und wir mussten improvisieren.

Der nächste Gig war ein „Seacruise“, bei dem wir auch nicht genau wussten, was auf uns zukommt.Zum einen war eine längere schön Wetter Phase spontan zu Ende gegangen und es war eher kalt und regnerisch, mit einem ordentlichen Wind und zum anderen waren bis zum Start, nicht sicher, ob die Sache nicht noch ins Wasser fallen würde. Es kam dann aber, wie bei Noah im Alten Testament, dass die Gäste paarweise die Arche betraten. Von überall her strömten die Massen auf das Schiff und mit dem ersten Akkord legte das Schiff ab. Es wurde getanzt, es wurde gestrollt und das Schiff legte erst wieder an, nachdem die letzte Zugabe verhallt war. Unterm Strich hat es gepasst, und keiner ist über Bord gegangen ist.Das Verhältnis zwischen Publikum und Band ist auf so einem Dampfer ein ganz anderes. Ich würde sogar sagen ein innigeres Verhältnis, dem sich sogar diejenigen hingaben, die nur einen Ausflug mit dem Schiff machen wollten. Am Anfang war es Neugierde, welche sie immer wieder auf das Achterdeck lockte, später waren sie dann diejenigen, die bis zum Schluss getanzt haben.

Wie die Jungfrau zum Kind, kamen wir nach Gräfelfing. Ein Bikertreffen des hiesigen MC Clubs. Überall Motorräder, Kutten und Chapter und Fatz Murdock mittendrin. Lauter grimmige und eisenharte Biker und Bikerinnen – weit gefehlt! Leute wie Du und Ich, die gerne Motorrad fahren und gesellig sind. Gute Musik, gute Gespräche, leider kein Bier für den Fahrer aber den Bikerinnen aus dem Kölner Raum hatte es sichtlich am besten gefallen.

Ein Event der besonderen Art war ein Engagement bei den Ingolstadt Dukes. Nach amerikanischem Vorbild ist rund um das Spiel Party und Entertainment angesagt. Die Nationalhymne mussten wir in der Spielpause nicht vom Spielfeld aus trällern. Wir waren für das Vorprogramm zuständig und sorgten für gute Laune vor dem Spiel. Gut einmal kann ein Ausrutscher sein, aber als wir ein zweites Mal die Möglichkeit bekamen, das Vorprogramm zu gestalten waren wir schon ein bisschen stolz auf uns. Da machen wir etwas richtig.

Als sich der Sommer seinem Ende zuneigte und der Herbst zaghaft an die Tür klopfte, gaben wir uns in Wettstetten ein Stelldichein. Auf dem Bürger- bzw. Feuerwehrfest durften wir mal mit einer richtig, richtig großen Anlage nebst Mischer arbeiten. Das war dann auch gleich die Eintrittskarte für den Boogie Club, kurze Zeit später unser Konzert im Star Canyon zu besuchen. „Boogie & Burger“ und es gab im ganzen Saal keinen Quadratmeter, auf dem nicht getanzt wurde. Eigentlich ist unser Rockabilly etwas zu schnell für den klassischen Boogie, aber das war an diesem Abend egal. Es wurde auf alles getanzt. Boogie, Lindy Hop, Jive, Rockabilly oder Swing. Ich kann gar nicht sagen, wie die Tänze alle heißen. Wichtig war nur das Glitzern in den Augen des Publikums. Ein kleiner Fan, der am nächsten Tag Musik hören sollte, rebellierte, weil es kein Rockabilly von Fatz Murdock war, den er vorgesetzt bekam. Der Nachwuchs steht schon in den Startlöchern – Rockabilly rules!

Wie es so kommt, kann Fatz Murdock auch privat, obwohl es nicht so unser Ding ist. Private Veranstaltungen, Hochzeiten oder Firmenfeste gehören nicht zu unserem Wirkungskreis, da wir weder Hörerwünsche erfüllen noch den ganzen Abend Programm haben. Es gibt aber auch Ausnahmen, wenn sich die beiderseitigen Erwartungen ergänzen. Wenn das, was wir zu bieten haben genau dem entspricht, was der Feiernde möchte. Ja das gibt es, aber es ist privat….

2023-12-11 18:15:43 | #16